Rheinpfalz: „Wenn sich der Schläger wie ein Besen anfühlt …“ (28.05.2020)
Hockey: Training in Kleingruppen auf einem weitläufigen Hockeyplatz, das mutet schon etwas gespenstisch an. Bei den ersten Damen der TG Frankenthal sind aber trotzdem alle froh, dass sie endlich wieder den Schläger in die Hand nehmen und den Ball aufs Tor schießen dürfen. Auch wenn das bei der ersten Einheit auf dem Jahnplatz erst einmal leer bleibt. Am Dienstagabend war Trainingsauftakt – selbstverständlich unter Corona-Auflagen.
Frankenthal. „Der Schläger hat sich am Anfang ein bisschen wie ein Besen angefühlt. Es ist alles noch etwas ungewohnt“, sagt TG-Stürmerin Kim Lauer nach den ersten Pässen und Torschüssen und lacht. Damentrainer Tobias Stumpf spricht von einer „surrealen Situation“. Ein Frühjahr ganz ohne Spielbetrieb, monatelang kein Mannschaftstraining – das habe er noch nie erlebt.Nach der Hallensaison wollte er mit seinem Team keine lange Pause einlegen: „Wir sind früh raus aufs Feld, haben in den ersten Wochen aber nur Athletiktraining gemacht.“ Die Saisonvorbereitung war schon exakt durchgeplant. Mitte April wollten die TG-Damen an einem Turnier in Leverkusen teilnehmen. „Wir hatten schon das Hotel gebucht“, erzählt Teambetreuerin Marion Büffor.
Im März stoppte die Pandemie die gemeinsamen Einheiten, ehe es so richtig losgehen konnte. „Wir sind von Corona genau in dem Moment überrascht worden, als die Jungen dazukamen“, berichtet Stumpf. Elf Nachwuchsspielerinnen muss er ins Team integrieren. Und weil der Coach von ihnen viel erwartet, wollte er alle gleich im Training sehen.
Doch in den vergangenen Monaten musste das Team auf die Internetplattform Zoom ausweichen und individuell zu Hause vor dem PC trainieren. Zusätzlich zu den beiden Einheiten in Konferenzschaltung musste jede Spielerin pro Woche drei Läufe absolvieren. Das Training in der Gruppe und den direkten Kontakt zum Team könne das Internet aber nicht ersetzen. „Deshalb sind wir froh, dass wir endlich wieder gemeinsam draußen sein können, wenn auch zunächst in festen Kleingruppen.“
Fünf DIN-A4-Seiten umfasst das Konzept der TG Frankenthal zur Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs, das die Hockeyabteilung unter Federführung von Norbert Grimmer, Sportlicher Leiter Aktive, erarbeitet hat. Um die Abstandsregeln und Hygienevorschriften einzuhalten, dürfen nur die Spieler, Trainer und ausgewählte Personen wie Betreuer, Physiotherapeuten und Ärzte auf die weiträumige Sportanlage. Der Verein hat alles genau geregelt. Zum Beispiel, wo die Fahrräder abgestellt werden. Alle müssen eine Viertelstunde früher da sein und auch schon in Trainingskleidung erscheinen. Die Umkleiden sind geschlossen. Nach dem Desinfizieren geht es in die Wartezonen. Vier davon gibt es für maximal vier Kleingruppen. Sie sind farblich markiert – wie die vier Trainingsfelder auf dem Jahnplatz. Die Spieler müssen während der kompletten Einheit in ihrem zugewiesenen Bereich bleiben und auch untereinander Abstand halten.
Das ist am Dienstag kein Problem. Gerade mal neun Spielerinnen sind auf dem Platz. Am Donnerstag sind drei weitere Kleingruppen dran. Am Samstag sind zu unterschiedlichen Zeiten alle fünf Damengruppen gefordert. Mittwochs soll es weiterhin eine Zoom-Einheit geben, als „Hausaufgabe“ stehen Läufe auf dem Programm.
„Auf dem Platz machen wir im Moment nur Übungen, bei der sich die Spielerinnen nicht näher als zwei Meter kommen“, sagt Coach Tobias Stumpf. Zweikampftraining? Fehlanzeige. Für die erste Einheit auf dem Feld seit knapp drei Monaten hat er koordinative Übungen ausgesucht: „Es geht darum, wieder ein Gefühl für den Schläger und den Ball zu bekommen.“ Stumpf trägt Handschuhe und darf als einziger die Trainingsutensilien anfassen. Doch auch er darf sich nur in einem Feld aufhalten. Praktischerweise können beim Hockey Bälle und Hütchen leicht mit dem Schläger bewegt werden. Da muss keine Spielerin die Hände benutzen.
Eineinhalb Stunden lang müssen die TG-Damen vor dem Torschuss mit dem Schläger Bälle über Rohre lupfen oder drumherum spielen. Bei einer weiteren Übung bekommen sie kurz nach dem Torschuss einen zweiten Ball zugespielt und müssen auch diesen verwerten. „Ihr müsst den Blickkontakt wahren“, ruft Stumpf. „Im Spiel hätte ich mich hingeworfen“, meint Katja Happersberger lachend, als sie einen Ball verpasst. Stumpfs Fazit nach der ersten Einheit: „Für den Anfang war das ganz okay. Generell müssen wir aber noch an der Dynamik arbeiten.“
Während die Torhüterinnen separat in einer Gruppe unter Anleitung von Oliver Scharfenberger, Keeper des ersten Herrenteams, trainieren, haben sich die Nachwuchsspielerinnen Maja Becker, Hannah Schiller und Alicia Schröder bereits gut integriert. „Wir haben die Gruppen bunt gemischt, unabhängig von Alter und Position“, erklärt Stumpf. Aktuell umfasse der Kader der ersten Damen etwas mehr als 20 Spielerinnen. „Wir sind gut aufgestellt“, betont er.
Bei Hannah Schiller, die schon in der U16-Hockey-Nationalmannschaft aufgelaufen ist, ist die Freude über das erste gemeinsame Training groß. „Mir tun noch etwas die Hände weh“, räumt sie nach der Einheit ein. „Das hat aber schon deutlich mehr Spaß gemacht, als zu Hause im Garten allein ein paar Bälle zu schlagen.“ Nach Monaten ohne richtiges Hockey fühle sich das fast schon wieder nach etwas Normalität an. Schade findet Schiller allerdings, dass sie nun auf ihr erstes Regionalliga-Spiel mit den ersten Damen noch etwas warten muss: „Ich hatte auf den Saisonstart Ende April schon etwas hingefiebert“, verrät sie.
Im Uhrzeigersinn von links oben: TG-Coach Tobias Stumpf kann mit den Damen wieder auf dem Feld trainieren. Allerdings nur in Kleingruppen. Damit niemand durcheinander kommt, hat jede Gruppe farblich abgetrennt ihren Wartebereich. Das Schlagen haben die Spielerinnen wie Janine Meyer nicht verlernt. Nach der Einheit gibt’s für (von links) Maja Becker, Hannah Schiller Katja Happersberger, Kim Lauer und Alicia Schröder eine Erfrischung.