Rheinpfalz:“Das ist eine Psychonummer“ (14.06.2019)
Interview: Wenn heute Abend um 20 Uhr der Dürkheimer HC zu Hause auf die TG Frankenthal trifft, ist Derbyzeit in der Ersten Hockey-Regionaliga Süd. Wir haben mit den Trainern Andreas Schanninger und Hans-Christian Damm über Nachbarschaftsduelle, die schiefe Tabelle und den Kampf gegen die finanzstarken Vereine in Mannheim gesprochen.
Herr Schanninger, Herr Damm, welchen Stellenwert hat das Derby? Schanninger: Derby ist Derby, unabhängig von Liga oder Situation. Auch wenn ein paar Tabellenplätze dazwischen liegen: Es geht für beide Mannschaften um was. Ich freu’ mich drauf.
Damm: Das sehe ich genauso. Ich habe von genug Frankenthaler Fans gehört, wie wichtig das Spiel für sie ist.
Was sind Ihre persönlichen Derby-Höhepunkte aus der Vergangenheit? Damm: In der Zweiten Bundesliga auswärts in Dürkheim in der Aufstiegssaison. Beim Hinspiel war ich verletzt, im Rückspiel habe ich mitgespielt. Es war mein letztes Derby.
Schanninger: Es sind so viele. Ich will keins rausnehmen, aber die gewonnenen waren immer interessanter. In den Teams ist aber so viel Fluktuation, selten treffen gleiche Mannschaften aufeinander. Anfang der 1990er-Jahre bist du mit den Jungs groß geworden und hast dich in der ersten Herrenmannschaft immer noch „bekämpft“. Jetzt sind wir zwei Pfälzer Teams, die versuchen, die Fahne hochzuhalten.
Man darf ja jetzt straffrei zwischen TG und DHC hin- und herwechseln …Schanninger: Das ist eine Mentalitätssache. Das muss jeder selbst wissen.
Damm: Das kann jeder für sich beurteilen, ob er es gut oder schlecht findet. Ich glaube, die Mentalität ist mittlerweile lockerer.
Schanninger: Früher hast du dich für einen Verein entschieden, warst mit Herzblut dabei. Heute ist das wie in allen Lebenslagen: Gefällt dir die App nicht mehr, lösch sie, nimm die nächste, such’ dir den einfachen Weg. Es ist schade, dass Clubs auf Kosten von anderen versuchen zu überleben.
Damm: Das Problem haben die Mannschaften in den unteren Ligen generell. Große Clubs kommen und holen die Spieler weg.
Schanninger: Wenn die Jungs, die in der Region spielen, noch bei uns wären, könnten wir eine, vielleicht zwei Ligen höher spielen. Aber es wird trotzdem ein gutes Derby werden.
Herr Schanninger, das Hinspiel hat der DHC verloren …Schanninger: In der Hinserie war das eine Katastrophe mit den ganzen Verletzungen. Da mussten wir wirklich tief in die Spielerkiste greifen. Jetzt sind ein paar Jungs zurückgekommen, es läuft besser. In der Hinserie hatten wir nie eine richtige Chance, nicht nur bei der TG. Hätten wir die vielen Verletzten nicht gehabt, würden wir nicht da unten rumkrebsen.
Das heißt, Christian Mayerhöfer und Uwe Krauß spielen nicht wieder?Schanninger: (lacht) Lasst euch überraschen. Wer weiß das schon?
Herr Damm, Sie können befreit in das Spiel gehen, waren beim Hinspiel noch nicht Trainer bei der TG. Damm: Wir haben ein Ziel vor Augen, unabhängig davon, ob das ein Derby ist oder nicht. Wir wollen die drei Punkte holen, wollen aufsteigen.
Sie hatten jetzt beide rund drei Wochen Pause …Schanninger: Suuuper für den Rhythmus. Aber stellen Sie Ihre Frage … (lacht)
Das war schon fast die Frage. Herr Damm, Herr Schanninger ist offenbar nicht begeistert. Wofür hat die TG die Pause genutzt? Damm: (lacht mit) Na ja, wir hatten ja Strohhutfest … Es wäre besser, die Saison wäre nicht so langgestreckt. Die Jungs wollen auch mal in Urlaub, sind berufstätig, da ist es schwer, alle beisammen zu haben fürs Training.
Wie haben Sie versucht, den Rhythmus aufrechtzuerhalten? Schanninger: Du kannst nur trainieren, versuchen, Trainingsspiele zu organisieren. Der Spielplan nervt. Diese schiefe Tabelle ist eine Katastrophe. Mal hast du vier Spiele in neun Tagen, dann wieder zwei Wochen nix, dann ein Spiel, wieder Pause. Kontinuität wäre besser. Wir sind erst Ende Juni fertig und müssten zwei, drei Wochen später wieder in die Vorbereitung.
Damm: Wir haben noch fünf Spiele, ihr noch zwei. Es kann nicht sein, dass kurz vor Saisonende noch so ein Schiefstand in der Tabelle ist. Wenn wir den Aufstieg schaffen, können wir wirklich fast direkt anfangen, uns auf die Zweite Bundesliga vorzubereiten.
Herr Schanninger, was kann die TG noch aufhalten? Außer dem DHC …Schanninger: Die TG kann sich nur selbst im Weg stehen. Das ist eine Psychonummer. In diesen Pausen hast du zu viel Zeit, nachzudenken, was du zu verlieren hast, warum plötzlich wieder alles offen sein kann. Spielerisch, individuell ist die TG das beste Team der Liga, hat eine ausgeglichene Saison gespielt. Aber die Tabelle ist schief, und das sieht alles komisch aus. Damit muss man sich auseinandersetzen, stabil sein. Das Köpfchen spielt mit.
Herr Damm, sind Ihre Jungs stabil? Damm: Wir haben in der Halle gezeigt, dass wir zum Ende der Saison unsere Leistung abrufen können. Wir können viel rausziehen, um stabil zu bleiben. Wir stehen nicht unverdient an der Tabellenspitze.
Heißt, Sie sind als Psychologe gefragt? Damm: Natürlich, wenn du beim Leistungssport im Kopf nicht klar bist, bringst du deine Leistung nicht. Da kannst du fit sein, wie du willst, du machst trotzdem Fehler.
Wie sieht es im Kader aus? Fallen Spieler verletzt aus? Schanninger: Nö.
Damm: Bei uns sind alle fit.
Gibt es etwas, womit Sie einander noch überraschen können? Schanninger: Wenn wir in Pink spielen. (lacht)
Damm: Ich sag mal: Nein… (lacht) Am Ende ist es Hockey, was wir spielen, da gibt’s nicht mehr viel, womit wir den anderen überraschen können.
Schanninger: Warum sollten die TG-Jungs was ändern, wenn sie erfolgreich gespielt haben? Das wär ja Quatsch, das würde die Mannschaft nur verunsichern.
Damm: Das ist bei euch ja ähnlich. Ihr habt in der Rückrunde gut gepunktet. Warum solltet ihr von dem Plan abweichen, der funktioniert?
Schanninger: Es wird von der Tagesform abhängen. Die Karten liegen ganz klar bei der TG, wir haben eine Chance als Underdog.
Herr Damm, Sie haben kein Problem mit der Favoritenrolle? Damm: Nein, warum? Wir sind der Favorit. Was gibt’s da groß drumrumzureden?
Sind Ihre Vereine noch die Speerspitze des Pfälzer Hockeys, … Schanninger: Eher ein Zweizack.
… oder wie beurteilen Sie die Entwicklung im Pfälzer Hockey? Damm: Die Tendenz geht nach unten, da kann man sich schon Sorgen machen, wenn man sieht, wo unsere Vereine herkommen, was für Erfolge gefeiert wurden. In beiden Vereinen ist eine Trendwende zu erkennen. Aber mit der Konkurrenz auf der anderen Rheinseite (Anm. der Red.: die Mannheimer Vereine TSV und MHC) ist es schwer.
Schanninger: Es ist schon lange absehbar, wie sich die Situation in Rheinland-Pfalz entwickelt. Da müsste sich etwas ändern. Dafür braucht es einen ganzheitlichen Gedanken, den sehe ich nicht. Viele Vereine denken nur an sich – auf Kosten der anderen, schon mit Abwerben im Kinder- und Jugendbereich. Viele kleine Vereine gibt es schon nicht mehr. Die wenigen leistungsorientierten Spieler fühlen sich gleich zu Höherem berufen und springen in Mannheim unter ferner liefen rum, statt hier eine wichtige Rolle zu spielen. Hans hat Recht, dass es bei der TG oder bei uns eine Trendwende gibt. Aber das wird nicht reichen, um in zehn Jahren noch hier Derbys zu spielen. Ich halte nichts vom Zentralisieren von Kräften. Wie Hans sagt: Der Kampf ist schwierig.
Aussichtslos? Schanninger: Wenn es aussichtslos wäre, wäre ich nicht mehr da. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen, und es kostet viel Kraft. Aber ich will es nicht aufgeben.
Damm: Man muss den Kampf annehmen. Wir können beide gegen den TSV oder den MHC finanziell nicht gewinnen. Wir müssen was anders machen. Wir wollen eine Philosophie schaffen, damit die Jugendspieler bei uns bleiben. Das ist schwierig.
Schanninger lacht.
Er lacht schon …Schanninger: Nein, im Ernst, das ist richtig, es ist wirklich schwierig.
Damm: Aber wenn wir es nicht probieren, können wir den Verein abmelden. Wenn wir die Besten verlieren – gut, dann müssen wir es schaffen, dass fünf Gute dahinter sind.
Schanninger: Wobei dann wieder die Mentalität von vorhin ins Spiel kommt – die müssen bereit sein, das mitzutragen, und sich nicht den einfacheren Weg suchen.
Damm: Genau! Bei uns ist in Frankenthal in den letzten Jahren erfolgreich gearbeitet worden. Ob es die richtige Richtung ist, wird man in zehn, 15 Jahren sehen.
In der Hoffnung, dass es dann wieder Derbys in der Zweiten Liga gibt? Damm: Das wäre schön.
Schanninger: (lacht) Mal sehen, ob es dann noch ein Ligasystem gibt oder ob wir dann nur noch die Vorspiele für die FIH-Pro-League machen.